Redebeitrag zu Straßenbeitragsatzung in der Gemeindevertretersitzung vom 17.11.2020

25.11.2020

TOP 6 der Gemeindevertretersitzung am 17.11.2020  -Straßenbeitragssatzung-

von Fraktionssprecher Peter Künkel:

"Ich will zunächst noch einmal klarmachen, worüber wir hier diskutieren:

Es geht nicht um den Neubau von Straßen.

Es geht um die grundhafte Sanierung von bereits seit zig Jahren existierenden Straßen.  Dazu zählen nicht das Ausbessern von Rissen oder Schlaglöchern, selbst die Erneuerung der Fahrbahndecke fällt nicht darunter. Solche Instandhaltungen werden über die entsprechenden Stellen im Haushalt der Gemeinde abgerechnet.

Je mehr man mit Halbwissenden hierüber diskutiert, desto verwirrender kann das alles werden. 

Womit ich beim Presseartikel vom 14.11. bin:

Dieser gab genau diese Eigenart des Themas wieder: Verwirrung!

Schon die Überschrift war irreführend, denn hier wird suggeriert, dass die Instandhaltung von Straßen eine Strafe für die Bürgerinnen und Bürger wären.

Die Schaffung von Infrastruktur ist aber keine Strafe, sondern eine gewollte Voraussetzung für unsere Lebensqualität.

Insofern hätte es heißen müssen: viele würden doppelt zur Kasse gebeten. War aber wahrscheinlich auch so gemeint.

Die zweite Überschrift war schlicht nicht korrekt, wie wir ja heute Abend erleben – live und in Farbe:

Ein Ausschuss nimmt keinen TOP von der Tagesordnung einer Parlamentssitzung. Das kann nur derjenige, der den Punkt darauf gesetzt hat – oder eben das Parlament nach einem entsprechenden Antrag zur Geschäftsordnung.

Dritte Verwirrung, ich zitiere: „Ziel der BL sei aber, dass die Straßenbeiträge vollständig von der Gemeinde übernommen werden. Mit einer Grundsteuererhöhung könnte die Gemeinde die fehlenden Beitragseinnahmen ausgleichen.“

Auch das ist falsch, denn die Bürgerliste steht einer Finanzierung durch die Grundsteuer ablehnend gegenüber.

Kleiner Themenausflug: ich ahne hinter mir schon die Eine oder den Anderen unter der Maske grinsen, weil ich mich vermeintlich mit der Presse anlege – und das vor einem beginnenden Wahlkampf! Wer das so sehen will: bitte! Ich sehe das anders: die Presse hat in unserem Land das Recht und die Freiheit, zu schreiben, was sie für richtig hält, zu kritisieren was und wen sie will. Nun, dann muss sie freilich auch den umgekehrten Fall aushalten. Auch bei Kleinigkeiten, frei nach dem Motto: wehret den Anfängen. Damit es nicht so schiefläuft, wie im Reich von Donald, dem Uneinsichtigen.

Und wo ich schon mal beim Kritisieren bin: ebenfalls in der Presse war zu lesen, dass das Parlament die Angelegenheit vor sich herschiebe. Wie bitte?

Im Mai 2018 stellte die BL den Antrag, sich mit der Angelegenheit zu befassen. Rechtzeitig, damit wir nicht in die Nähe eines Wahlkampfes kommen, damit wir vor allem zum Schluss einer Legislaturperiode etwas beschließen, mit dem das neue Parlament dann leben muss.

Am 19.Juni 2018 wurde der Antrag einstimmig angenommen, womit die Verwaltung damit beauftragt wurde, die Alternativen auszuloten und zu präsentieren, und womit der Auftrag zu Informationsveranstaltungen erteilt wurde.

Mit der Novellierung am 07. Juni 2018 machte sich die schwarz-grüne Landesregierung einen schlanken Fuß und überließ die Entscheidung den Städten und Gemeinden – und schob uns damit den schwarzen Peter zu. Danke denn auch nach Wiesbaden, wo selbst eine Resolution der Bürgermeister aus MR-BID völlig ignoriert wurde.

Am 16.10. 2018 gab es dann die erste Information an dieses Parlament durch den Vortrag von Frau Eidam, welche das Fazit zog: Im Beitragswesen gibt es keine Gerechtigkeit.

Am 11.12.2019 gelangte dann die erste Beschlussvorlage in das Parlamen. Dies enthielt Fehler, weswegen sie zurückgezogen wurde.

Am 25.02.2020 gab es eine sehr gut besuchte Bürger-Informationsveranstaltung – welche neben der selbstdarstellerischen Längen des Vortragenden eher nochmals verwirrte.

Der BGM brauchte dann 11 Monate, um am 11.11.20 die überarbeitete Beschlussvorlage erneut vorzulegen.

Wenn also jemand das Thema vor sich hergeschoben hat, dann der BGM und nicht dieses Parlament. Das hätte in der Presse stehen können, nichts anderes.   

Zurück zur Grundsteuer: unsere Argumente gegen eine Erhöhung der Grundsteuer zwecks Finanzierung von Straßenreparaturen:

 - kein Druckmittel mehr gegenüber der Landesregierung
- jährlich neu zu berechnender Hebesatz
- keine Einflußnahmemöglichkeit durch den einzelnen Bürger
- Umkehrung des Anspruchsverhaltens
- Härtefälle bei einzelnen Personen mit großen Anwesen möglich – keine Abhilfemöglichkeit
- fehlende Verschonungsregelung für bisherige Zahler
- Wenn die Straßenbeiträge für 2021 über die Grundsteuer finanziert werden sollten, müsste diese von   
  365Prozentpunkten auf 555Prozentpunkte angehoben werden.  Was da wohl die Einwohner Breidenbachs sagen
  würden? Denn sie würden diese Steuererhöhung jahrzehntelang bezahlen müssen.
- keine Zweckgebundenheit, insbesondere bei defizitären Haushalten. So kann z.B. die Grundsteuer erhöht werden,
  das RP schreibt die Erhöhung jedoch zum Ausgleich des Haushaltes vor. Dann hätten die BürgerInnen gezahlt und
  nicht eine einzige Straße wäre saniert. Die Eintrittswahrscheinlichkeit hierfür ist aktuell und auf Sicht hoch.
- mögliche Konflikte mit der Grundsteuernovellierung ab 2025
- Standortattraktivität sinkt

- Gefahr der Spirale einer stetigen Erhöhung

      

Über die Variante der wiederkehrenden Beiträge brauchen wir wohl alle nicht mehr zu diskutieren, denn der Aufwand steht in keinem Verhältnis zum Nutzen, hier gibt es nur Verlierer.

Das hat nach sehr langen, sehr Rechercheintensiven und kontroversen Diskussionen zu dem Vorschlag, dem Antrag der Bürgerliste geführt.

Mit diesem Antrag wollen wir:

- den Druck auf die Landesregierung aufrechterhalten, die Straßenbeiträge komplett zu übernehmen. Hat   
  Breidenbach erst einmal alles komplett geregelt, sind wir in Wiesbaden als Erwartungs- oder gar Störpotential
  abgehakt
- keine Kollision mit der Grundsteuernovellierung provozieren
- Und vor allem: mit Finanzierung aus allgemeinen Steuermitteln die einzelnen BürgerInnen entlasten und die Solidargemeinschaft somit erweitern

Ich fasse zusammen:

Wir möchten keine grundlegende Veränderung, welche die Ungerechtigkeiten nur verschieben. Es geht nicht um linke Tasche rechte Tasche, sondern um konkrete Entlastung der einzelnen Bürger durch eine erweiterte Solidargemeinschaft.

Für den vorliegenden Fall einer Erhöhung der Gemeindemittel um 15% bedeutet das für die nächsten Jahre rund 50T€ p.a.. Dafür müssen keine Steuern und Gebühren erhöht werden, das lässt sich an anderen Stellen einsparen.

Antrag der Bürgerliste Breidenbach zum TOP 7 „Straßenbeitragssatzung“ der

Gemeindevertretersitzung vom 17.11.2020,

gestellt in der Sitzung des HFA am 11.11.2020 (erweiterter Antrag): 

Eine Gerechtigkeit im Beitragswesen ist schlicht nicht möglich. Oberstes Ziel der Bürgerliste Breidenbach ist daher die komplette Abschaffung der Straßenausbaubeiträge durch Übernahme der Finanzierung durch das Land Hessen.

Bis dahin sollte am Prinzip der Einmalbeiträge festgehalten werden.

Um die Solidargemeinschaft jedoch größer zu spannen und die direkt betroffenen Bürger zu entlasten, stellt die Bürgerliste den Antrag, die Beschlussfassung wie folgt zu ergänzen:

Die Gemeindevertretung beschließt, an der bisherigen Straßenbeitragssatzung vom 24.06.2004 festzuhalten. Angepasst werden soll hierbei aber der §3 Abs. 1 wie folgt:

Die Gemeinde trägt 40% des beitragsfähigen Aufwandes, wenn die Verkehrsanlage überwiegend dem Anliegerverkehr, 65%, wenn sie überwiegend dem innerörtlichen und 90%, wenn sie überwiegend dem überörtlichen Durchgangsverkehr dient.

Die Finanzierung soll aus allgemeinen Deckungsmitteln und Einsparungen erfolgen.

Diese Anpassung soll nach dem erfolgten Parlamentsbeschluss mit nachfolgender Veröffentlichung im amtlichen Mitteilungsblatt der Gemeinde Breidenbach in Kraft treten.

Breidenbach, 17.11.2020"

Anmerkung: interessant zu lesen, was aus diesem Redebeitrag dann im Artikel des HA vom 19.11.2020 gemacht wurde.

 

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