Redebeitrag des Fraktionsvorsitzenden zum Kredit für den Windpark Schwarzenberg

28.03.2015

Redebeitrag des Fraktionsvorsitzenden Peter Künkel in der 34. GV-Sitzung,   am 24.03.2015, zum TOP 6, Nachtragshaushalt

„Jetzt kommen wir auf den Punkt,  jetzt kommen wir zu den Finanzen, zu dem Geld der Breidenbacher Bürger: 6 Mio.€ Kredit für den Bau des Windpark Schwarzenberg und 415 T€ Kredit für den Ausbau der Büroräume des Müllabfuhrzweckverbandes.

Der Presse war zu entnehmen, dass die Entscheidung zum Bau des WPS ja eigentlich schon gefallen sei. Das ist richtig.

Diese Entscheidung wurde jedoch nicht von den direkt Betroffenen gefällt, sondern durch das RP in Gießen. War das richtig, muss man sich das gefallen lassen?

Zum Einen ist es sicher ärgerlich, wenn übergeordnet entschieden wird, wenn man nicht vor Ort, quasi durch den Bürger selbst entscheiden darf.

Zum Anderen muss man sich aber auch im Klaren darüber sein, dass dann wohl keine größeren Maßnahmen wie z. B. der Bau einer Straße, von großen Gebäuden öffentlicher Einrichtungen, Ver- und Entsorgung oder gar Industrie mehr möglich wären, denn es würde immer irgendwo einen geben, der dagegen wäre.

Eine immer wieder schwierige Gratwanderung in unserem politischen System. Aber wenn es so einfach wäre, hätten die Nachahmung dieses politischen Systems  ja auch vermutlich schon viel mehr Staaten geschafft.

Wir sollen also heute Abend entscheiden. Ja worüber denn, wird sich so mancher fragen? Der WPS wird doch sowieso gebaut.

Und so lautet die Antwort: wir entscheiden heute Abend darüber, ob wir, die Kommune Breidenbach, unserer eigens dafür gegründeten WPS- GmbH 6 Mio.€ Nachrangdarlehen für den Bau des WPS geben,

- oder ob andere diesen Windpark bauen sollen.

Technisch betrachtet ist es zu kritisieren das einmal mehr der dritte Schritt vor dem ersten gemacht: die alternativen Energieen benötigen zuerst eine vernünftige, ökonomisch und ökologisch vertretbare Speichertechnologie. Zum zweiten ebenso ökonomisch wie ökologisch vertretbare Stromnetze. Und dann, zum dritten, die Erzeuger.

Die hochgelobte Fotovoltaik beschert uns bereits jetzt schon erhebliche Probleme im Gesamtnetz und jeder einzelne von uns zahlt spürbar drauf, weil diese Technologie nur mit Hilfe erheblicher Subventionen funktioniert. Die Fotovoltaik hat einen negativen Carbon-Footprint, denn sie verschlingt bei der Herstellung gewaltige Energiemengen und die Entsorgung bzw. Verwertung wird mit ähnlichen  Problemen behaftet sein.

Wer aber diese Kritik äußert, wer sich diese Fragen stellt, der muss sich auch die Frage gefallen lassen: was ist die Alternative?

Finanziell muss man sich fragen, ob eine Kommune sich überhaupt unternehmerisch betätigen sollte, vor allem bei dieser Größenordnung. Dürfen wir es angesichts der langen Projekt-Laufzeit von 20 Jahren unseren Nachfolgern zumuten, dieses Risiko weiter zu tragen?

Und auch hier: was wäre die Alternative?

Die Antwort hierfür lautet: Bau durch andere,   gesicherte Pachteinnahme,  kein unternehmerisches Risiko. Und, tja, und voraussichtlich wesentlich geringere Einnahmen.

 

Emotional betrachtet tut es schon sehr weh, wenn man sich vorstellt, wie der herrliche ruhig-rauhe Schwarzenberg mit Beton und Stahlmalträtiertwerden soll, wie dieses große, zusammenhängende Waldgebiet zerklüftet und nicht nur alle 7 Jahre, für ein paar Tage sondern permanent mit einer von Menschenhand geschaffenen Geräuschkulisse belegt wird.

Aber auch hier muss man sich wieder die Frage gefallen lassen: was ist die Alternative?

Atomkraft? Großkraftwerke mit entsprechend großen Überlandtrassen? Abhängigkeit von Energielieferanten aus dem Ausland?

Eines steht fest und beruhigt etwas: Windparks lassen sich nach ihrem Lebensdauerablauf oder wenn es etwas revolutionär Neues geben sollte zurückbauen. Und zwar rückstandslos. Das schafft derzeit kein anderes Energieerzeugungssystem. 

 

In spätestens 15 Jahren wird man uns fragen, was wir denn  damals getan haben.

Wenn wir heute nein sagen und den Bau einem Investor überlassen, wird man uns –

wenn z. B. der Wind nicht so geweht hat, wie es prognostiziert wurde, wenn es schief gelaufen ist, - sagen: kluge Entscheidung, damals!

Und wenn es gut gelaufen ist, wird man uns vorwurfsvoll sagen: was wart ihr dumm, heute könnten wir z. B. die Kindergärten oder das Schwimmbad damit finanzieren.

Unter sorgfältiger Abwägung aller Risiken, nach dem Stellen ungezählter Fragen, nach dem ausgiebigen Nerven von Planern, Finanzkalkulatoren und anderen Beteiligten, nach nicht enden wollenden Debatten in Fraktionssitzungen, auf Veranstaltungen und zu Hause in den Wohnzimmern und Küchen, nach dem heftigen Ringen mit der ganz  persönlichen, inneren Überzeugung und Einstellung  -

sind wir von der Bürgerliste zu dem Schluss gelangt,

1. Dass das verbliebene Risiko der für unsere Verhältnisse gigantischen Investition in einem tragbaren Verhältnis  zu den erwarteten Einnahmen steht.

2. Dass die Energiewende weg von der Atomkraft nur mit Kompromissen machbar ist

3. Dass man nicht überwiegend von anderen verlangen kann, die Nachteile und das Risiko zu tragen, während man selbst nur die Vorteile in Anspruch nimmt 

Die Konsequenz für die BL lautet daher: Zustimmung!

Bis auf eine Ausnahme aus den sattsam bekannten Gründen    (Gunther Schmidt,  Vorsitzender der Jagdgenossenschaft des betroffenen Revieres)   

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Zur Position Kreditaufnahme Büroausbau MZV

im Vergleich zu den 6 Mio. des WPS nehmen sich die 415 T€ vergleichsweise klein aus.

Losgelöst davon ist es aber ein Batzen Geld, bis es dann fertig ist, wird es wohl fast eine halbe Millionen sein.

Daher ist der vom HFA vorgeschlagene Sperrvermerk aus drei Gründen richtig:

  1. Wir wissen noch gar nicht, wie sich der MZV entscheiden wird, auch die Konkurrenz-Varianten bieten erhebliches Potential

und vor allem

  1. Es liegt uns noch keine Wirtschaftlichkeitsberechnung vor weswegen wir nicht in der Lage sind, eine Entscheidung zu treffen und weswegen
  2. Die Kommunalaufsicht auch noch ein gewichtiges Wörtchen mit zu reden hat.

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